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29.06.2013

Neue Mutterschaftsrichtlinien

 

Das medizinische Wissen wächst rasant. Und Frauenärzte haben sich stets dafür eingesetzt, dass es zum Wohle der Patientinnen möglichst rasch den Weg in die tägliche ärztliche Praxis findet. Was aber noch schneller wächst ist der bürokratische Aufwand auf dem Weg dorthin.

Gestationsdiabetes

Wir Frauenärzte drängten schon seit langem darauf, die Screening-Untersuchung für Schwangerschaft-Diabetes in die Vorsorge-Richtlinien mit aufzunehmen. Nach jahrelangen Bemühungen wurde dieser Test dann 2012 endlich in die Mutterschaftsvorsorgerichtlinien aufgenommen.
Weil die Mühlen der Bürokratie aber sehr langsam mahlen, schaffte es der Bewertungsausschuss nicht eine Abrechnungsziffer für die direkte Abrechnung mit den Krankenkassen zu schaffen. Also wurde das Kostenerstattungsprinzip eingeführt. Damit war die Durchführung des Tests mit einem unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand verbunden.

Die Patientin bekam erst einmal ein Privat-Rezept für die Dextrose-Lösung des Zucker-Belastungs-Tests. Danach musste der Arzt ihr eine Rechnung für die Testdurchführung und die Laborkosten ausstellen und außerdem erklären, warum sie die Kosten dafür ( und für die Verbrauchsmaterialien ) erst einmal selbst vorstrecken muss. Anschließend musste die Patientin dann noch zur Krankenkasse gehen um sich das Geld wieder erstatten zu lassen.

Bis die Leistungen des Gestationsdiabetes-Screenings durch die zuständigen Gremien bewertet und dann als neue Gebührenordnungspositionen in den EBM
( Einheitlicher Bewertungsmaßstab = Gebührenordnung ) aufgenommen wurden, dauerte es. Die Mühlen der Bürokratie mahlen eben sehr langsam.
Zum 1.Juli 2013 ist es endlich (!) soweit : es gibt eigenständige Abrechnungs-Ziffern für den Vortest auf Gestationsdiabetes und den kompletten oralen Glucosetoleranztest. So können die Frauenärzte in Zukunft direkt über die Versicherten-Karte abrechnen - und ihren Patientinnen den bürokratischen Aufwand ersparen.

Zweittrimester Screening

Entsprechend dem wissenschaftlichen Fortschritt und der technischen Verbesserung der Ultraschallgeräte, konnte die sonographische Diagnostik in den letzten Jahren deutlich verbessert werden. Folgerichtig kam die Forderung auf, dieses verbesserte und verfeinerte Organscreening allen Schwangeren im Rahmen der regulären Mutterschafts-Vorsorgeuntersuchung zu Gute kommen zu lassen. Folgerichtig erarbeiteten die Fachgesellschaften Qualitäts-Standards , die Ärzte bildeten sich weiter und schafften neuere Geräte an und belegten Ihre Qualifikation durch Teilnahme an speziellen Prüfungen.

Erfreulicherweise haben mit dem Inkrafttreten der geänderten Mutterschafts-Richtlinien (MuRL) zum 1. Juli 2013 nun alle Frauen im Rahmen der Schwangerenbetreuung einen Anspruch auf weitere Sonographieleistungen. Und das ist gut so ! Jetzt kann im zweiten Trimenon von besonders qualifizierten Untersuchern ein „Organscreening“, durchgeführt werden, welches über die in den bisherigen Mutterschaftsrichtlinien geregelten Anforderungen hinausgeht.

Es hätte so schön einfach werden können ! Aber der Bewertungsausschuss kam
bei der Einführung des Organscreenings zwischen der 18.und 22. Schwangerschaftswoche ( Zweittrimester Screening ) erneut nicht zu einer zeitgerechten Bewertung.

Nach den Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung soll der Frauenarzt
für dieses Zweit-Trimester-Screening eine Privatrechnung ausstellen. Die Patientin muss in Vorkasse treten und kann diese Rechnung dann bei ihrer Krankenkasse zur Kostenerstattung einreichen.

Also nochmals die gleiche unsinnige Bürokratie-Orgie für Ärzte und Patientinnen wie beim Diabetes-Screening ( wo die Kostenerstattung gerade wieder abgeschafft wurde ).

Ringversuch Teststreifen

Ebenfalls ab dem 01.07.2013 tritt die neue Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK) in Kraft.
Allen Protesten der Frauenärzte zum Trotz konnte keine Sonderregelung bezüglich des Streifentestes erreicht werden.

Die Bundesärztekammer hat im Richtlinienteil B2 festgelegt, im Rahmen der internen Qualitätssicherung der Praxen auch den Streifen-Schwangerschaftstest in vierteljährlichen Ringversuchen zu überprüfen. Eine Überprüfung der Laborleistung „Harnsediment“( zB in der Schwangerschaft ) muss ebenfalls erfolgen – allerdings „nur“ einmal im Jahr.

Das muss man sich mal bildlich vorstellen: ein industriell gefertigter Teststreifen, dessen Qualität bei der Fertigung bereits geprüft wurde, den man als Patientin in der Apotheke selber kaufen kann, muss in der Arztpraxis nochmals durch ein Referenzinstitut überprüft werden. So werden 10.000 Frauenärzten-/innen einer Bürokratieorgie ohne Gleichen unterworfen und müssen, nur um einen simplen Streifentest durchführen und zu Lasten der Kassen abrechnen zu dürfen, an Ringversuchen teilnehmen, deren Pilotpreis circa 15 Euro brutto betragen soll.